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Philharmoniker Depot

20.08.14 Konjunktur: Deutschland mit Europa auf dem Weg in die Rezession

Lange Zeit profitierte gerade Deutschland von der so genannten „Sonderkonjunktur“, die Europas mächtigste Volkswirtschaft von fast allen anderen Volkswirtschaften der Eurozone differenzierte. Dabei profitierte die deutsche Wirtschaft von einer ganzen Reihe an Effekten, wie, dem aus deutscher Sicht zu niedrigem Zinsniveau, der unterbewerteten Euro-Währung, einer gegenüber Rest-Europa perfekten Logistik, sowie der Schwäche der europäischen Konkurrenz auf den Weltmärkten.

Doch spätestens mit der neuen „Russland-Krise“, und in Reaktion durch die Umsetzung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Moskau, verliert Deutschland seine Führungsposition. Auch wenn die deutsche Wirtschaft vermutlich schneller als jede andere in Europa, die von so einer unvermutet auftretenden Krise betroffen wäre, reagieren und umschwenken wird, ist der Anpassungsprozess doch zeitaufwendig und auch nicht vollständig zu bewerkstelligen.

Deutsche Vorsicht kehrt zurück

Dabei sind es nicht nur die direkten Ex- und Importverbindungen mit Russland, die aktuell leiden, sondern die angesichts der jüngsten negativen Entwicklungen Einzug haltende generelle Vorsicht in den Chefetagen der Unternehmen, die konjunkturellen Schaden anrichten werden. Dieser Schaden wird umso größer, je länger die Sanktionen anhalten bzw. noch ausgeweitet werden – und diese Entwicklung ist stark an die militärische und politische Situation in der Ostukraine gekoppelt, also nicht durch die Unternehmen zu beeinflussen.

Europäische Binnenkonjunktur lahmt weiterhin

Aus deutscher Sicht ärgerlich ist zudem der Zeitpunkt der Krise, denn noch immer haben sich die europäischen Nachbarstaaten, der mit Abstand größte Absatzmarkt deutscher Unternehmen, nach der Überwindung der Schuldenkrise nicht stark genug erholt. Zwar beträgt der Anteil deutscher Exporte nach Russland in Relation zu den Gesamtausfuhren nur etwa 4 %, allerdings gehören zu diesen Gütern überproportional viele langlebige Wirtschaftsgüter wie Fahrzeuge und Maschinen, die einen hohen Wertschöpfungsanteil besitzen.

Da diese Produkte kaum auf den Weltmärkten oder gar in Europa zusätzlich abgesetzt werden können, und wissend, dass in Deutschland jeder dritte Arbeitsplatz direkt oder indirekt an der Automobilindustrie hängt, wird die „Russland-Krise“ sehr schnell und vergleichsweise deutliche Auswirkungen auf die gesamte deutsche Konjunktur entfalten. Die deutsche Lokomotiv-Funktion für die Eurozone, die auch schon vor den Sanktionen an Vortrieb einbüßte, ist damit vorläufig ganz vom Tisch.

Deutschland und Europa vor neuen, alten Belastungsproben

Die neue wirtschaftliche Realität ist dabei noch nicht bei den Bürgern angekommen, kein Wunder, lagen und liegen die Lohnabschlüsse in Deutschland doch höher als in den vergangenen Jahren, ist die Arbeitslosigkeit auch weiterhin vergleichsweise gering und hat sich die jahrelang gepflegte Sparmentalität der Bevölkerung doch erst vor kurzem deutlich vermindert, entsprechend die Konsumausgaben anziehen lassen.

Daher wird der Einzug der unvermeidlichen Rezession auch abgeschwächt geschehen, nicht sofort für eine Art Schock sorgen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bereits das zweite Quartal 2014 für Deutschland – auch ohne Russland-Effekt – kein Wachstum des Bruttoinlandprodukts mehr zeigt, im Gegenteil: der offizielle Wert zeigt mit -0,2% bereits den Einstieg in eine rezessive Phase an. Das dritte Quartal hat angesichts der laufenden Abschwächung und den sich eintrübenden Sentimentindikatoren (IFO, ZEW) keine Chance auf eine Besserung.

Ohne Wachstum werden sich auch die Wunschträume des Finanzministeriums von einem „ausgeglichenem Haushalt“ nicht erfüllen – aber deutlich schlimmer wiegt: das Gesamtbild der Eurozone wird sich aus Sicht der Anleger erneut verdunkeln und zu den alten Befürchtungen der Überschuldung führen.

Szenario mit Deutschland als Schuldengarant bekommt Risse

Bisher rutschten die Renditen der Staaten der Euro-Peripherie auch deshalb so stark ab, weil die Anleger, abgeleitet aus dem deutschen „Wirtschaftswunder“, eine Garantie-Übernahme Berlins für den Rest der Währungsunion unterstellten. Dieses Bild dürfte nun Risse bekommen, einem realistischeren Szenario mit der EZB als massiven Aufkäufer von Anleihen weichen.

Anleger sollten daher unbedingt und sehr genau die Kurs- bzw. Zinsentwicklung der Staatsanleihen der Euro-Peripherie beobachten. Ein dortiger Zinsanstieg, bei gleichzeitig stabilen oder gar weiter sinkenden Kapitalmarktzinsen in Deutschland, wäre ein erstes ernstzunehmendes Warnzeichen dafür, dass die europäische Schulden- bzw. Solvenzkrise zurückkehrt.

Gelöst wurden die Probleme Europas nämlich nie, lediglich überdeckt durch eine verbesserte Situation in Deutschland, die bei den Investoren die Gewissheit aufkommen ließ, dass die Bundesrepublik, falls nötig, den Rest der Eurozone „rauskaufen“ würde.

Vorsichtige Anleger verkaufen europäische Staatsanleihen

Natürlich ist es aktuell noch zu früh um detaillierte Szenarien für die Konjunktur- und Kursentwicklung an den Finanzmärkten zu prognostizieren, allerdings sollten Sie als Anleger dort Ihr Risiko besonders vermindern, wo sich die „Sollbruchstellen“ befinden.

Falls Sie Staatsanleihen aus Ländern der Euro-Peripherie wie Portugal, Italien, Spanien und erst recht Griechenland besitzen, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, auszusteigen, die Kursgewinne der vergangenen Monat und Jahre zu realisieren. Es gibt keinen Grund diese Gewinne zu riskieren, in dem Sie so tun als hätte sich die Welt – und damit die Szenarien der institutionellen Anleger – nicht verändert.

Reinvestieren Sie die Gewinne vorläufig auch nicht leichtfertig in anderen Märkten, halten Sie vielmehr Liquidität vor. Ein genereller Anpassungsprozess an den Finanzmärkten kommt nämlich erst noch auf uns zu.

Falls Sie aus diesem Grund auch eine Absicherung Ihrer Aktien-Positionen, die Sie nicht verkaufen wollen oder können, vornehmen wollen, erreichen Sie dieses Ziel am besten über Put-Optionen. Hiermit verdienen Sie an fallenden Kursen und gleichen so den Verlust aus anderen Positionen aus. In der soeben erschienenen Ausgabe von Sicheres Geld finden Sie drei solcher Absicherungs-Derivate, die Sie noch heute kaufen können. Sollten Sie keinen Zugriff auf die Empfehlungen von Sicheres Geld haben, können Sie sich hier eine Gratis-Ausgabe zusenden lassen.

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Quelle: http://www.investor-verlag.de

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