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08.03.12 Blick hinter die Kulissen: Worum es bei Griechenland gehen könnte

von Michael Vaupel... *** Thema Griechenland. Ja, ich kann es auch nicht mehr hören bzw. lesen. Aber heute möchte ich einen Aspekt betonen, über den ich bisher noch wenig gelesen habe. Und den ich durchaus interessant finde, weil er hinter die Kulissen blickt.

Als ich mich mit dem Thema "griechische Anleihen" beschäftigt hatte (weil Notierungen von unter 25% des Nennwertes mein Interesse geweckt hatten), dachte ich bei einer Tasse Caro-Kaffee darüber nach, um was es dabei eigentlich geht.

Wieso beschäftigt das Thema "Griechenland" die Aktienmärkte, mindestens Europaweit, so stark? Wieso soll Wohl und Wehe des Euros von Griechenland abhängen - dessen Wirtschaftsleistung gerade einmal 2,4% der gesamten Wirtschaftsleistung des Euro-Raums ausmacht?

Kann Euroland das nicht locker verkraften, wenn ein Land mit 2,4% der gesamten Wirtschaftsleistung die Staatspleite erklären würde?

Und wieso bemühen sich alle Handelnden von Ministerpräsidenten bis EZB-Vorständen und IWF-Mitarbeitern, zu verhindern, dass Griechenland eine offizielle Staatspleite verhindert?

Wissen Sie, wenn private Anleger den Nominalwert ihrer Staats-Anleihen eingedampft bekommen, seien es 50% oder sogar 70%, dann finde ich durchaus, dass dies für eine Zahlungsunfähigkeit des betreffenden Staates spricht. Ein "Kreditereignis", wie es so schön heißt. Denn die ursprünglich eingegangenen Verpflichtungen (Versprechen, Anleihe zu verzinsen und zu tilgen zu vorher festgelegten Konditionen) werden aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten aufgegeben.

*** Jedenfalls zählt da nicht die Ansicht von mir persönlich oder der gesamten Traders Daily-Gemeinde - sondern...

....die Ansicht....

....einer Institution namens:

"International Swaps Derivatives Association". Abkürzung: ISDA.

Diese Institution ist für die Feststellung der Staatspleite zuständig, in Bezug auf deren Auswirkungen auf Derivate.

Konkret: In Bezug auf die Kreditversicherungen (CDS!).

Wenn die ISDA sagt, es ist eine Staatspleite, dann müssen die Verkäufer der Kreditversicherungen die Käufer selbiger entsprechend entschädigen.

Wenn die ISDA sagt, es ist KEINE Staatspleite, dann müssen die Verkäufer der Kreditversicherungen eben nicht zahlen.

Und wissen Sie was? Die ISDA sagt, es sei KEINE Staatspleite. Also keine Zahlungen.

Und dies finde ich vor diesem Hintergrund interessant: Die ISDA ist eine Organisation mit Sitz in New York, in welcher laut eigenen Angaben 815 Mitglieder zusammengeschlossen sind - in erster Linie "global, international and regional Banks", also globale, internationale und regionale Banken.

Und nun lassen wir uns diese Absurdität auf der Zunge zergehen. Verkäufer der Kreditversicherungen (CDS) sind in erster Linie Banken.

Diese haben natürlich kein Interesse daran, dass es zu einer offiziellen Staatspleite Griechenlands kommt - denn dann müssten Sie für die verkauften Kreditversicherungen zahlen.

Da trifft es sich aus deren Sicht gut, dass die ISDA bestimmt, ob es zu einem Kreditereignis gekommen ist oder nicht. Und in der ISDA können die Banken selber bestimmen. Dort bestimmen genau die Institutionen, welche am meisten verlieren können im Falle einer Staatspleite Griechenlands.

Ist es da verwunderlich, dass die ISDA "kein Kreditereignis" sieht im Falle Griechenlands? In einer Situation, in der die privaten Gläubiger 50% oder vielleicht auch 70% ihres Einsatzes verlieren? Ein Kollege von mir meinte in dem Zusammenhang treffend: Das sei so, als ob nach einem Hausbrand Ihre Feuerversicherung nicht zahlen wolle, weil ja nur 70% des Hauses abgebrannt seien....

Wahrscheinlich sehen "die Banken" Griechenland als möglichen gefährlichen Präzendenzfall. Wenn Griechenland die Staatspleite erklären würde und die Verkäufer für die Kreditversicherungen zahlen müssten, könnten andere überschuldete Staaten ebenfalls diesen Weg gehen.

Ich tippe darauf, dass genau aus diesem Grund diese Banken via ISDA ein "Kreditereignis" unbedingt vermeiden wollen. Die Frage ist, inwieweit Politik und EZB da die Interessen der Banken vertreten - oder das Gesamtwohl im Auge haben. Oder ist das beides identisch?

"Food for thought", wie der Angelsachse sagt. Mir war heute wichtig, den Punkt "ISDA" in die Runde zu werfen....denn wie üblich blickt der Traders Daily gerne hinter die Kulissen.

Mit herzlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Chefredakteur Traders Daily

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Quelle: http://www.investor-verlag.de

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