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Philharmoniker Depot

17.02.16 Politische Börsen haben nicht immer kurze Beine

Seit jeher rätseln Anleger darüber, welche Gemengelage dafür verantwortlich ist, ob die Kurse der Dividendenwerte nun steigen oder fallen, bzw. wie ausgeprägt diese Trends sind. Dabei interessiert natürlich auch der Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen, geldpolitischen oder gar gesellschaftlichen Veränderungen und deren Einfluss auf das Kursgefüge. Unbestritten ist dabei, dass überraschende Veränderungen des bestehenden Gefüges sehr schnell zu deutlichen Kursreaktionen führen (können), wie zum Beispiel nach Terroranschlägen oder der Veröffentlichung von Konjunkturdaten zu beobachten ist. Oft werden diese „Einschläge“ aber in der Folgezeit „zurück“ gehandelt, bzw. in den aktuellen Primärtrend integriert. Daher auch die Börsenweisheit des Volksmunds, der politisch motivierten Börsen(kursen) nur eine geringe Haltbarkeit, oder eben „kurze Beine“ zuspricht. Doch wie sieht es aus, wenn es sich um etwas „Größeres“ handelt? Ein oder mehrere Ereignisse, die das Zeug dazu haben, den Haupttrend zum Einsturz zu bringen?

Aktienkursentwicklung: wirtschaftliche Trends schlagen politische Belange

Seit Jahresbeginn fallen die Aktienkurse teilweise so stark, dass, je nach Markt, auch vom Crash die Rede ist. Gerade hier in Europa passen die fallende Kurse auch zur Stimmungslage der Bevölkerung: die ungelöste Flüchtlingskrise mit der Gefahr der „Überfremdung“, der zuletzt sogar wieder ausufernde Krieg in Syrien, der von einigen inzwischen als möglicher Auslöser für einen dritten Weltkrieg benannt wird. Weiter geht es mit den Streitigkeiten in der EU, mit dem möglichen Brexit als Höhepunkt im kommenden Jahr. Immer noch ungelöst: die schwere Rezession in weiten Teilen der Gemeinschaft, die immer wieder an die Finanzkrise um Griechenland erinnert, bzw. diese erneut heraufbeschwören könnte. Interessanter Weise fallen die Kurse aber gar nicht aus den hier aufgeführten Gründen, sondern vor allem wegen des verloren gegangenen Vertrauens in die Geldpolitik der US-Notenbank. Oder anders ausgedrückt: Würde die FED ihre aus Sicht der Investmentbanken ihre überholte geldpolitische Vorsicht aufgeben und sogar für eine weitere Welle an finanziellen Ankurbelungen sorgen, die Aktienkurse nicht nur in den USA würden sich sehr schnell wieder nach Norden aufmachen.

Geldpolitik der Notenbanken bestimmen weiter den Trend an den Märkten

Noch ist es nicht an der Zeit, dass US-Notenbank und Geschäftsbanken in neuer Harmonie vereint zusammensitzen und sich ausmalen wie neue billige Kreditliquidität die Märkte aufpumpen muss, um so in der Realwirtschaft wenigstens ein Fünkchen Inflationshoffnung (CPI) auszulösen. Bis es soweit ist – und gehen Sie mit Sicherheit davon aus, dass sich dieser neuerliche Zusammenschluss ereignen wird – entwickeln die anderen Einflussfaktoren sukzessive an Momentum. Und das lässt eben nichts Gutes für die kommenden Wochen und Monaten erwarten. Bedrohlich muss insbesondere aus deutscher bzw. europäischer Sicht die kaum noch aufhaltbare Spaltung der EU wirken, die in den kommenden Tagen einen weiteren Meilenstein nehmen wird. Beim anstehenden Gipfel geht es nämlich lediglich aus deutscher Sicht vor allem um einen tragfähigen Kompromiss bei der Verteilung der Flüchtlingsmengen innerhalb der „Gemeinschaft“, sowie die damit möglicher Weise verbundenen Restriktionen gegen einzelne Mitgliedstaaten, wenn sich diese weigern sollten „endlich“ Flüchtlinge aufzunehmen. Vielmehr wird Angela Merkel bzw. Deutschland ihr bzw. sein Waterloo erleben, wenn klar wird, dass die EU den deutschen Sonderweg grundsätzlich ablehnt und die Bundesregierung ganz allein mit ihren Problemen im Regen stehen lässt. Denkbar wäre sogar ein Appell an die Kanzlerin in Deutschland endlich wieder rechtsstaatliche Verhältnisse herzustellen, was eine Demütigung der Kanzlerin gleichkäme.

Flüchtlings-Disput könnte Finanzkrise auslösen

Wie auch immer die Ausgrenzung Deutschlands genau aussehen mag, sie wird Unverständnis zwischen Schleswig und Garmisch hervorrufen und Ressentiments befeuern. Sollte in diesem dann neuen Spannungsumfeld die Finanzkrise erneut hochköcheln, so wäre dies absolut folgerichtig. Die internationalen Finanzinvestoren wollen keinen Zwist, keine Einzelwege oder „Kleinkrämerei“, ihnen ist an großen Strukturen gelegen, die auf einander aufbauen. Ein Zerwürfnis der europäischen Politik würde in nur sehr kurzer Zeit erneut den Verkauf von Wertpapieren aus den Staaten der Euro-Peripherie auslösen und damit die zuletzt wieder zu beobachtende Zinsdivergenz anheizen. Das politische Berlin ist nicht mit genügend wirtschaftlichen Sachverstand ausgestattet um zu erkennen, dass ein Beharren auf dem deutschen Standpunkt in Sachen Flüchtlingskrise eben direkt in die nächste Euro-Finanzkrise führen wird.

Fazit: Die politischen Probleme der Eurozone hätten kaum Chancen die Aktienkurse länger zu beeinflussen, wäre da nicht der verloren gegangene Glaube an die US-Notenbank. Dieser erlaubt es nun geringeren Einflussfaktoren zumindest vorübergehend die Vorherrschaft zu übernehmen – mit klar negativen Folgen und Konsequenzen. In Bezug auf die These in der Überschrift dieses Beitrages muss das leider heißen, dass die ansonsten eher kurzen Beine der Politik nun länger und länger werden und die Kursentwicklung maßgeblicher prägen werden als dies ursprünglich zu erwarten gewesen wäre. Die Folgen werden an den europäischen Kurszetteln der Aktienbörsen aus unserer Sicht klar zu sehen sein und sukzessive internationale Anleger vergraulen, die zum Teil nicht glauben werden, was ihnen die europäische Politik da als Laien- und Dilettanten-Theater noch zumuten werden. Sie, als Leser von Sicheres Geld, sollten auch weiterhin aus einer gesicherten Deckung heraus an den Finanzmärkten agieren und unnötige Risiken konsequent meiden. Gerade die kommenden Wochen dürften es noch einmal in sich haben und zu regelrechten Tumulten an den Finanzmärkten führen, falls die europäische Politik nicht endlich den Weg in wieder in ruhigeres Fahrwasser findet.

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Quelle: http://archiv.investor-verlag.de

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