31.07.14 Die Russland-Sanktionen werden zum Bumerang für Euro und Dollar

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Die Sanktionen gegen Russland könnten zum Bumerang für Euro und US-Dollar werden. Mit der Sperrung von Finanzströmen für russische Banken verspielen Europa und Amerika das Urvertrauen in ihre eigene Währung. Ohne Gerichtsverhandlung und Urteil werden Kapitalbesitzer von ihrem Auslandsvermögen getrennt. Wer soll diesen Währungen jetzt noch trauen?

Nun klopfen sich alle gegenseitig auf die Schulter: Die Amerikaner sind glücklich, dass Europa sich endlich aufraffte, Selbstschädigung zu betreiben und gemeinsam empfindliche Sanktionen gegen Russland zu erlassen. Die EU-Staaten sind glücklich, dass sie endlich wieder einmal mit einer Stimme sprechen konnten. Und Russland ist vermutlich auch nicht unglücklich darüber, endlich wieder ein klar umrissenes Feindbild zu haben.

Was Europa und die USA tun, soll Russland nicht dürfen

Doch was sind die neusten Wirtschaftssanktionen gegen Russland wirklich? In erster Linie sind sie ein Beweis für die Doppelzüngigkeit Amerikas und Europas. Was man selbst definitiv tut, soll im nur behaupteten Falle Russlands verwerflich sein. Im Falle der syrischen „Rebellen" drängten Frankreich, Großbritannien und die USA darauf, das Waffenembargo der EU aufzuheben. Man wollte die angebliche Opposition gegen Assad endlich mit richtigen Waffen beliefern, und es nicht nur bei Verbandsmaterial belassen. Dass die sogenannte syrische Opposition alles Mögliche ist, nur kein verzweifelter Haufen aufrechter Demokraten, der notgedrungen zu den Waffen greifen musste, dürfte inzwischen allen klar sein.

In Syrien sind es Europa und die USA, die Regierungsgegner definitiv mit Waffen beliefern

Der Bürgerkrieg in Syrien kostete mittlerweile mehr als 170.000 Menschen das Leben, ein ehemals vergleichsweise gut entwickeltes, vergleichsweise freies und vor allem vergleichsweise laizistisches Land wurde mit westlicher Hilfe zurück in die Steinzeit befördert. Wer nicht den Glauben eines Teils der Rebellen - nennen wir sie besser Terroristen - teilt, wird mit der Kettensäge oder anderen gerade verfügbaren Gegenständen geköpft und das Video landet bei Youtube. Russland steht bis heute auf Seiten Assads und dem, was als Regierung des Landes bezeichnet wird. Europa und Amerika stehen auf Seiten derer, die in der Ukraine Separatisten genannt und bekämpft werden. Sanktionen gegen die USA und Europa gibt es hier jedoch nicht, sondern ständig nur Anfeindungen gegen Russland, die die offizielle Regierung des Wüstenstaates unterstützen.

In der Ukraine ist es angeblich (!) Russland, die Regierungsgegner bewaffnen

Anderer Schauplatz: Ukraine. Hier stehen Amerika und Europa auf Seiten der mittels Putsch an die Macht gekommenen Regierung. Der Aufschrei war groß, als die demokratisch gewählte Regierung angeblich 70 Demonstranten erschießen ließ. Angeblich deshalb, weil inzwischen nicht mehr so klar ist, ob die ukrainischen Spezialeinheiten überhaupt auf die Demonstranten schossen. Die demokratisch gewählte Regierung ist mittlerweile mit Hilfe der EU und der USA weggeputscht und die neue Regierung verantwortlich für deutlich mehr als 1.000 tote Zivilisten in der Ostukraine. Der Aufschrei bleibt aber aus - bzw. er gilt dieses Mal Russland, die keinen einzigen Schuss in der Ukraine abfeuerten.

Behauptet wird, Russland stünde auf Seiten der Separatisten, die die Putschregierung ablehnen und eine Angliederung an Russland Wünschen. Beweise, dass Russland die Separatisten wirklich unterstützt, gibt es nicht. Es kann ja nach drei Monaten Bürgerkrieg nicht so schwer sein, ein Satelliten- oder Drohnenfoto vorzulegen, auf dem klar zu sehen ist, wie Panzer, Raketen und Flugabwehrgeschütze die ukrainisch-russische Grenze überschreiten. Da solch ein Foto bis heute nicht vorgelegt wurde, sondern immer nur behauptet wird, solche Waffenlieferungen gäbe es, macht mich stutzig.

Was die USA straflos tun, dürfen andere nichtmal mutmaßlich fördern

Russland soll am Abschuss einer Passagiermaschine zumindest mitschuldig sein. Ob das stimmt, werden wir wohl nie zweifelsfrei erfahren. Was wir jedoch definitiv wissen: So etwas passierte auch den USA schon einmal, ohne dass die Sanktionskeule ausgepackt wurde. Als Iran Air 655 von einem amerikanischen Kriegsschiff abgeschossen wurde, beförderte man die Offiziere des Schiffs, zeichnete den Kapitän für außerordentliche Pflichterfüllung im Einsatz aus und vermied schwieg den Vorfall anschließend tot. Das gleiche Land maßt sich nun an, ein anderes für die angebliche mittelbare Mitschuld an einem ähnlichen Vorfall anzuklagen.

Für Amerika und Europa reichen Vermutungen für Strafaktionen

Aber für Amerika und Europa reichen eben Behauptungen und Mutmaßungen, um schärfste Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Sanktionen sind übrigens Strafen ohne Gerichtsprozess, Sippenhaft inklusive. Wer mit Putin bekannt ist oder zufällig Chef eines staatsnahen Konzern wie der russischen Bahn ist, darf nicht mehr in die EU oder nach Amerika reisen und nicht mehr über seine rechtmäßigen Vermögenswerte verfügen. Was Russland überhaupt konkret tun muss, damit die Sanktionen wieder eingestellt werden, wissen vermutlich weder die EU noch die USA selbst. Soll Russland in die Ostukraine einmarschieren und die Separatisten entwaffnen? Wohl kaum. Soll Putin öffentlich äußern, dass die Separatisten doch bitte die Waffen niederlegen sollen? Was wäre, wenn die das nicht tun, weil sie vielleicht gar nicht aus Moskau gesteuert werden?

Russland wird vom Kapitalmarkt abgeschnitten - das kann zum Bumerang für Euro und Dollar werden

Die neusten Sanktionen schneiden wichtige russische Banken de facto vom Kapitalmarkt ab. Auf Spiegel Online wird triumphiert, Europa und die USA hätten endlich die mächtigste Waffe entdeckt und ausgepackt, die sie haben: ihre Währung und die dahinter stehenden Zahlungssysteme. Dollar und Euro sind die wichtigsten Währungen der Welt. Wer Aktien, Wertpapiere oder Rohstoffe handeln will, wird um diese beiden Währungen kaum herumkommen. Und so halten auch russische Banken bis hin zur Notenbank wesentliche Devisenbestände in Form von Wertpapieren, denominiert auf Euro und US-Dollar.

Zwar bleiben die russischen Banken nach wie vor im Besitz dieser Wertpapiere, verkaufen und die dabei frei werdenden Mittel einsetzen können die Banken jedoch nicht. Zahlungsströme staatlich kontrollierter russischer Banken werden eingefroren - eine zumindest derzeit temporäre Enteignung unbestimmter Dauer. Ob es so clever war, diese Waffe auszupacken, bezweifle ich.

Die Sanktionen verspielen Vertrauen in die Währungen

Euro und US-Dollar sind nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil die Anleger den Währungen vertrauen. Dieses Vertrauen wurde nun auf schärfste verletzt. Wer die achtgrößte Volkswirtschaft mit Hilfe seiner eigenen Währung in die Knie zwingen und sie dazu von ihren Vermögenswerten im Ausland trennen will, ist nicht mehr vertrauenswürdig. Ich bin mir sicher, Länder wie China, Saudi-Arabien aber auch Norwegen werden sich sehr genau überlegen, ob und wenn ja welche Anteile der enormen Devisenreserven künftig in Euro und US-Dollar angelegt werden sollen. Insbesondere die nicht allzu demokratischen Besitzer von Devisenreserven müssen fürchten, bei erstbester Gelegenheit in die Sanktions-Stapfen Russlands treten zu müssen.

China diversifiziert bereits, um die Abhängigkeit vom Dollar zu verringern

China hat das Problem durchaus schon erkannt und beginnt, die Devisenreserven zum Kauf von zum Beispiel Rohstoffreserven im Ausland einzusetzen. Die Sanktionen gegen Russland werden zu einer Verstärkung dieser Aktivitäten führen. Ausgebaut werden dürften auch Abkommen zur Abrechnung zwischenstaatlichen Handels in den Währungen der beteiligten Staaten. Ein solches Abkommen schlossen kürzlich erst Russland und China, die nicht mehr den Umweg über Euro und US-Dollar im gegenseitigen Handel gehen wollten. Hier hatte offenbar schon jemand Vorahnungen.

Ein weiterer Kandidat, der US-Dollar und Euro künftig meiden könnte wo es nur geht, ist Argentinien. Das Land wurde kürzlich erst von einem amerikanischen Gericht dazu verdonnert, Altschulden bei einem Hedgefonds zu begleichen. Solange das nicht geschehen ist, können de facto keine argentinischen Zahlungen in US-Dollar abgewickelt werden. Und bei Staaten hört es ja nicht auf. Was spräche dagegen, dass künftig die Zahlungsströme internationaler Konzerne eingefroren werden, bis sie sich dem Willen der Euro- und Dollar-Herrscher beugen? Vertrauen in die beiden Leitwährungen darf spätestens jetzt niemand mehr haben. Die Verfügungsgewalt über das eigene Vermögen kann einem ab jetzt ohne Gerichtsverhandlung und Urteil genommen werden... ohne die Möglichkeit, dagegen vor einem ordentlichen Gericht vorzugehen. Zuletzt gab es das zu Zeiten der Kaiser und Könige.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews keine Haftung.
Quelle: http://www.investor-verlag.de